Test: Triumph Daytona 675 SE – sind 3 Zylinder die goldene Mitte?

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Für meinen zweiten Tracktest wählte ich ein Motorrad von der Insel. Warum mir die 3 zylindrige Supersportlerin Triumph Daytona 675 SE trotz viel Leidensfähigkeit eine Menge Spaß gemacht hat versuche ich in den nächsten Zeilen zu beschreiben.

Ich hatte viel Spaß mit der Daytona

Ich hatte viel Spaß mit der Daytona

4 Tage können verdammt kurz sein. Obwohl 96 Stunden theoretisch eine Menge Testzeit bieten, wollte ich die von Triumph Berlin zur Verfügung gestellte Daytona 675 in edler SE Ausführung noch lange nicht wieder abgeben. 400 KM legte ich in dieser Zeit auf Landstraße, Autobahn und Stadt mit der Britin zurück. Was habe ich am meisten vermisst? Vor allem ein paar Runden auf einer Rennstrecke um das Potential voll auszuloten.

Formensprache – Optik, Verarbeitung und Bedienung

“Boah was für ein scharfes Teil – sieht in echt viel besser als auf den Bildern aus” – so oder ähnlich waren die Reaktionen von Freunden als die Daytona tatsächlich vor meiner Haustür auftauchte. Diese Meinung teilte ich auch als ich das erste mal vor ihr stand.

Underseat Auspuffanlage

Underseat Auspuffanlage

Besonders gefällt mir an der Daytona die klare Formensprache – es gibt viele Kanten und Geraden, das Design wird stimmig und signalisiert schon im Stand Angriffslust und Sportgeist. Für einen markanten Wiedererkennungswert sorgen die Doppelscheinwerfer. Das Heck steht sehr hoch – dies begünstigt das Handling und gibt den Blick auf den Auspuff frei. Die Abgase werden durch einen zentralen Underseat Endtopf ins freie geblasen. Der Auspuff selber hat eine große sowie zwei kleine Öffnungen, ein netter Gag der Designer, um dem hinterherfahrenden zu signalisieren das unter der schicken Kunststoffschale 3 Zylinder für Vortrieb sorgen. Der Auspuff ist für den Mitfahrer je nach Aussentemperatur Fluch oder Segen. Der Soziusplatz wird, wie auch bei anderen Bikes mit Underseatlösung, schon nach kurzer Zeit wohl temperiert.

Die Verarbeitung hinterließ bei mir einen mittelmäßigen Eindruck. Es gab keine ungenauen Passungen oder wackelnde Teile, aber die Haptik, z.B. der Schalter oder auch der Soziusrasten, habe ich anderweitig schon besser gesehen. Dafür gefielen mir Details wie die Fersenschoner und die einstellbaren Handhebel der SE Version sehr gut.

Kontrast: hochwertige einstellbare Handhebel und einfache Schalter

Kontrast: hochwertige einstellbare Handhebel und einfache Schalter

Die Bedienung selbst gibt keine Rätsel auf, schon deshalb weil es auch wenig zu verstehen gibt. Tankuhr, ABS oder verschiedene Mappings für zum Beispiel Regen & Rennstrecke suchte man vergebens. Die Instrumente gefielen durch gute Ablesbarkeit und eine Ganganzeige, gewünscht habe ich mir eine automatische Dimmung der Beleuchtung bei Nacht. Besonders der Schaltblitz ist bei Nachtfahrt für meinen Geschmack ein wenig zu hell. Zum Thema Helligkeit verrichten die Scheinwerfer vorne gute Arbeit, die Daytona lässt den Fahrer nicht im Dunkeln stehen.

In Bewegung – Motor Fahrwerk Bremsen

Hoch sitzt man auf der Daytona, schon die Sitzprobe offenbart das die Supersportlerin nicht zum hinterherfahren angetreten ist. Weit vorne sitzt man in unbequemer Haltung und wünscht sich vor allem eines – schnell losstarten damit der Fahrtwind etwas Last von den Handgelenken nimmt. Losstarten ist mit der Triumph ein wahres Kinderspiel – die Kupplung erfordert nur geringe Handkräfte und ist perfekt dosierbar. Der Motor nimmt, das war für mich wirklich sehr überraschend, schon in niedrigsten Drehzahlen kurz über Einkuppeldrehzahl willig Gas an und beschleunigt kraftvoll ohne mit Vibrationen zu nerven. Ist die Straße frei zeigt der Triple was er kann. Nutzt man das Drehzahlband aus beschleunigt das Motorrad mit einem genialen Dreizylinder Sound in wenigen Sekunden in den Bereich der Illegalität. Kaum zu glauben das der Motor “nur” 675 Kubik hat.

Das Fahrwerk zeigt sich der Leistung jederzeit gewachsen. Komfort darf man natürlich nicht erwarten, über den Fahrbahnzustand informiert die Daytona, vorsichtig gesagt, jederzeit sehr direkt. Dafür gibt es ein genial transparentes Handling das auch engen Wechselkurven mit unterschiedlichen Radien den Schrecken nimmt. Erste Wahl also für alle die ihr Motorrad gerne auch mal auf der Rennstrecke bewegen. Das Potential auf der Landstraße auszutesten ist nahezu unmöglich bzw. birgt große Risiken für die Gesundheit.

voll einstellbares Federbein

Erwischt man sich dann doch beim eigenen Übermut, erweisen sich die Nissin Stopper als gute Begleiter. Die Radialen Bremszangen verbeissen sich kraftvoll in die recht kleinen 308mm Bremsscheiben. Meinen Versuch die Bremsanlage zum Fading zu bewegen habe ich nach der 6. Vollbremsung aufgrund von schmerzenden Handgelenken aufgegeben. Auffällig und typisch für Handling-orientierte Motorräder ist der Hang zum “Stopie”. Das Heck ist extrem hoch und damit beim Anbremsen leicht. Für geübte Fahrer ein absoluter Spaß wenn das Heck beim starken Bremsen in die Luft geht. Ungeübten Fahrern treibt diese Eigenschaft sicher Schweißperlen auf die Stirn.

Das Getriebe war der Knackpunkt meines Testes. Ging die Schaltbarkeit, besonders dank serienmäßigem Schaltautomat, noch in Ordnung, verlief die Leerlaufsuche jedesmal zum Geduldsspiel. “1” oder “2” erschien ständig in der Ganganzeige, das erhoffte “N” blieb leider ein seltenes Erfolgserlebnis. Aufgrund meiner Recherchen zum Modell gehe ich hier jedoch von einem Einzelfall aus – besonders da die Erstinspektion der Testmaschine noch bevor stand.

Neben vielen rasaten Solo Kilometern habe ich auch eine 200 KM Tour nebst Sozius absolviert. Die Daytona ist dafür absolut ungeeignet. Der Soziushöcker ist Sportlertypisch hoch und bietet kaum halt. Fahrten zu zweit sollten, der eigenen Beziehung zuliebe, relativ kurz gehalten werden.

Meine Überraschung der Saison 2012 – gerne nochmal!

Kurz vor Schluss – mein Fazit zur Triumph

Die Triumph ist bisher meine heimliche Favoritin der Saison 2012. Nicht weil sie das Übermotorrad des Jahres ist, wohl aber weil sie mich sehr positiv überrascht hat. Erwartet habe ich ein typisches Sportbike, dass ähnlich wie CBR 600, GSX-R 600 und Co. Einheitsbrei vermittelt. Bekommen habe ich eine kompromisslose Sportmaschine mit tollem Dreizylindermotor und messerscharfem Handling. Triumph hat mit der Daytona 675 ein Motorrad geschaffen das ich mir für eine längere Testzeit wünsche – damit hat mich Triumph überzeugt – beileibe gelingt das nicht jedem Motorrad.

 

 

Ganz zum Schluss – Technische Daten & Konkurrenten Daytona 675 SE 

  • Modell: Triumph Daytona 675 SE Modell 2012
  • Motor: 675 cm³ Dreizylinder Motor – flüssigkeitsgekühlt
  • Auspuff: 3 in 1 Auspuffanlage, poliert mit G-Kat
  • Getriebe: 6 Gang
  • Leistung: 125 PS bei 12.600 u/min
  • Drehmoment: 72 Nm bei 11.700 u/min
  • Rahmen: Leichtmetall Doppelrohr Brückenrahmen
  • Sitzhöhe: 83 cm
  • Federung vorn: Kayaba Upside-Down Gabel, 110mm Federweg, einstellbare Zug- und Druckstufe (High- und Lowspeed), einstellbare Federbasis
  • Federung hinten: Kayaba Monoshock, 130mm Federweg, einstellbare Zug- und Druckstufe (High- und Lowspeed), einstellbare Federbasis
  • Bremse vorn: Doppelscheibe 308mm, radial verschraubte 4 Kolbensättel (Nissin)
  • Bremse hinten: Einscheibe 220mm, Einkolbensattel (Nissin)
  • Verbrauch: im Test 6,4 Liter / 100 KM
  • Tankinhalt: 17,4 Liter
  • Höchstgeschwindigkeit: >250 km/h
  • Leergewicht: 185KG fahrbereit
  • Mängel am Testmotorrad: Leerlauf extrem schwergängig
  • Preis laut Preisliste: 11.490 € + 370 € Überführung (Standardvariante)

Konkurrenz zur sportlichen Britin

 

daytona675

Comments

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Martin

Hallo, ich heiße Martin und habe mich entschlossen mit Motorradblogger viele Leute an meinem Hobby teilhaben zu lassen. Ich bin seit über 10 Jahren leidenschaftlicher Motorradfahrer und möchte hier über meine Erlebnisse und gefahrene Motorräder berichten. Über Eure Anregungen freue ich mich. Meine Seite auf Google+

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9 Responses

  1. Stefan sagt:

    Vielen Dank für diesen super interessanten Testbericht. Ich werde zwar auf absehbare Zeit bei meiner 650er Bandit bleiben, aber ich finde so einen persönlichen Bericht deutlich spannender und informativer als alles, was man so in den gängigen Zeitschriften und Fachwebseiten zu lesen bekommt.
    Freue mich schon auf die nächsten Berichte!

    • Martin sagt:

      Hallo Stefan, vielen Dank für Dein Feedback. Es ist toll zu hören das ich das Interesse der “Leser” treffe. Das was du ansprichst hat mich nämlich auch immer an den Artikeln der Fachzeitschriften gestört. Mal sehen was als nächstes für ein Motorrad ins “Haus” kommt, nun ist es ja leider ersteinmal kalt. Bis dahin & Grüße

      Martin

  2. Tom sagt:

    Danke für diesen interessanten Beitrag. Ich werde mir diesen Blog gleich in den Favoriten speichern und auf alle Fälle wiederkommen.
    Bis dahin…

  3. Chris sagt:

    Ein wirklich guter Bericht!
    Ich finde, du hast anstatt nur Zahlen zu nennen und ‘0815’-Vergleiche zu ziehen es geschafft, den Charakter der Maschiene soweit gut vermitteln zu können, wie es in einem Testbericht möglich ist.

    Ein Kompliment an dich und an die Daytona selbstverständlich
    und
    freundliche Grüße
    Chris

  4. Günter sagt:

    Triumph ist eine Marke die mir lange Zeit nichts sagte. Ich fuhr nie eine sportliche Maschine sondern immer Cruiser, also der gemütliche Fahrer. Harley usw. waren mir natürlich bekannt. Ich suchte aber nach einer anderen Marke bzw. Hersteller von Cruisern. Ein Japaner sollte es auch nicht sein. Dann bin ich im Zuge meiner Recherchen auf die Marke Triumph gestossen. Und ich war überrascht welch große Auswahl Triumph an Cruisern zu bieten hat. Nach einer Testfahrt bei 2 Rad Nuber in Lindenberg hatte ich mich für den Kauf der Triumph Thunderbird Commander entschieden. Das war vor 3 Jahren und ich habe es bis heute nicht bereut. Ein Cruiser mit richtig Dampf und für einen Cruiser super Fahreigenschaften. Und, mit einer Triumph fällst Du heute noch auf wenn du damit irgenwo vorfährst. Ist halt immer noch eine Rarität.

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