Kolumne: Mit dem Motorrad auf die Rennstrecke: Warum mache ich das eigentlich?

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Viele von Euch stehen vor der Entscheidung das eigene Fahrkönnen sowie das Potential des Motorrades auf der Rennstrecke zu optimieren. Welche ganz persönlichen Gedanken mich dabei bewegten, möchte ich gern mit Euch teilen

 

Anmeldung Rennstrecke

Anmeldung Rennstreckentraining

“Warum tust du dir das eigentlich an?”
Dieser Satz klingt wie grässliche Musik in meinen Ohren – er erinnert mich nämlich daran, wie ich mit unzähligen Prellungen, Stauchungen und Zerrungen die MotoGP im Krankenhaus verfolgte: Es war der erste Tag nach meinem Highsider in Groß Dölln. Es war Tag 2 nach dem Besuch in Groß Dölln – quasi Tagebuch Eintrag 2 des Kapitels Rennstrecke. Ich konnte mich im Bett kaum aufrichten, da tat es gut enge Angehörige an seiner Seite zu haben. Und selbige stellten mir die obige Frage.

So schnell wie möglich – wenn es Dich gepackt hat, brauchst Du ein Bike für die Strecke

Während sie über das “Warum?” nachdachten, suchte ich bereits nach einer neuen Maschine – ein reines Rennstreckenmotorrad. Meine straßenzugelassene Kawasaki Z1000 war ziemlich übel zugerichtet. Nun ja, eine wirkliche Antwort auf das “Warum?” hatte ich zugegebenermaßen nicht; Grund genug sich damit nachträglich auseinanderzusetzen:

Auf den ersten Blick scheint es tatsächlich so, als gäbe es keine Begründungen zum Fahren auf dem Kringel. Der Verschleiß von Reifen, Bremsbelägen und Co. ist erheblich höher, zeitgleich kosten Slicks im Vergleich aber mehr Geld als Straßenreifen. Und dann braucht man auch noch Regenreifen, Reifenwärmer und einen Anhänger oder Transporter. Vom zeitlichen Aufwand und ungezählten Anreisekilometern ganz zu schweigen. Das Fahrzeug ist immer mit Material vollgestopft.

Turnbeginn auf der Rennstrecke

Turnbeginn auf der Rennstrecke

Ich blase das Geld förmlich hinten raus und vergeude meinen Urlaub, um mich im tiefsten Osten Deutschlands, am Sachsenring, in meinen hautengen Ledereinteiler zu quetschen, anstatt mit der Badehose am karibischen Strand und unter Begleitung meiner Freundin entlangzulaufen. Dass die Spielerei auf der Rennstrecke dazu noch gefährlicher ist, lasse ich mal außen vor.  Auch dass es nichts zu gewinnen gibt, verdränge ich.

Wenn die Ampel auf “GRÜN” schaltet, empfindest Du eine kontroverse Mischung aus Angst und Glück

Es lässt sich schwer beschreiben, wie es sich anfühlt, das erste Mal beim Renntraining aus der Boxengasse herauszufahren. Irgendwie ist es eine Mischung aus Furcht und einem gepflegten “Geil!”. Der Ehrgeiz seine eigene Rundenzeit zu verbessern, ist jedes Mal ungebrochen. Und zeitgleich habe ich einen fetten Kloß im Hals, wenn ich in geduckter Haltung die Gegengerade am Sachsenring herunterfliege, um in der folgenden Kurve in tiefer Schräglage und im Hanging-Off dem Asphalt immer näher zu kommen.
Und wenn ich meine Zeit tatsächlich verbessern konnte, dann bin ich der glücklichste Mensch – aber nur bis zum nächsten Turn! Sicher geht an der einen oder anderen Stelle immer etwas mehr.

Es ist jedoch nicht nur der Reiz des schnellen Fahrens, der mich immer wieder in den Bann zieht. Es sind vor allem auch die Menschen, die ich dort antreffe. Nirgendwo findet man mehr Hilfsbereitschaft, als unter Racern. Bei der Ankunft helfen mir sofort Leute beim Abladen der Maschine, zuvor gesehen habe ich diese Personen noch nie. Und wenn man doch mal stürzt, dann wird das Motorrad gemeinsam wieder aufgebaut. Dabei ist es völlig egal, wie man aussieht, wo man herkommt, welchen Glauben man hat oder wie man heißt. Jeder ist gleich. Dinge, die eigentlich selbstverständlich sein sollten, aber in unserer Gesellschaft immer seltener anzutreffen sind, findet man im Fahrerlager.
Abends wird dann bei einem gemeinsamen Bier über die verschiedenen Reifen, richtigen Fahrwerkseinstellungen und Mappings für den PowerCommander oder RexXer gefachsimpelt. Und dann erzählen wir uns unsere Geschichten, die wir auf dem Track bisher erleben durften.

Es ist egal wie Du heißt, wo Du herkommst oder wie Du aussiehst – die Gemeinschaft hilft sich gegenseitig

Am nächsten Morgen streifen wir dann wieder die Handschuhe über unsere Hände, setzen den Helm auf und schwingen das Bein über unsere Maschinen. Die Sorgen und Probleme, die ich gerade noch hatte, rücken in den Hintergrund – ich bin fokussiert, habe förmlich einen Tunnelblick. Das Drumherum nehme ich nicht mehr wahr, ich werde eins mit meiner Maschine, wenn ich auf die Rennstrecke fahre.

Fahrt zur Rennstrecke - ein halber Umzug

Fahrt zur Rennstrecke – ein halber Umzug

Wenn die Zeit vorbei ist, wird der ganze Krempel wieder verstaut, die Maschine aufgeladen und es geht ab nach Hause. Zurück in den Alltag, das Übliche tun. An die vergangenen Tage, das Erlebte und die Menschen zurückdenken und sich zeitgleich auf das nächste Mal freuen.
Und dafür entlasse ich mich auch früher aus dem Krankenhaus. Damit ich einen Tag später mit Kumpel und Anhänger nach Oschersleben fahren kann, um ein neues Zweirad zu kaufen. Vernünftig ist das sicher nicht, aber es macht mich glücklich, und darauf kommt es doch an, oder?

 

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2 Responses

  1. sandra sagt:

    Da spricht das Herz – es geht nichts über Berichte mit Herzblut. Sehr schön geschrieben und beschrieben 🙂

  2. Robin sagt:

    Motorsport – Die schönste Art des Wahnsinns. 😀
    Toller Artikel.

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